Category Archives: Gesellschaft

Das neue „Wir“

Anfang Oktober trug Anton seine Matratze in Oskars Zimmer, um bei ihm zu übernachten. Dies kam alle paar Monate vor, und die Jungs genossen die gemeinsame Zeit. Meist am Wochenende, da sie dann noch was länger aufbleiben durften, und der Große dem Kleinen im Bett noch Geschichten vorlas. Diesmal blieb das Bett länger als eine Nacht liegen, da sie sich nicht gegenseitig vom Schlafen abhielten und es einfach gut klappte. Beide Kinder schliefen gut, und vor allem musste ich auch nachts weniger aufstehen und beruhigen.

Nach 2 Wochen hatte ich jedoch die Schnauze voll. Die Kinderzimmer sind klein und man konnte wg. der zusätzlichen Matratze in Oskars Zimmer weder gut spielen noch laufen. Ich schug also vor, dass wenn sie weiterhin zusammen schlafen wollen, wir die Zimmer in ein Schlaf- und ein Spielzimmer umbauen. Die dazu gehörenden Konsequenzen, dass dann jeder mit jedem Spielzeug spielen darf und auch bei Besuch, niemand aus dem Spielzimmer geschickt werden darf störten die Kinder nicht und sie waren Feuer und Flamme.

Und so trugen wir an einem verregneten Sonntag ein Bett ins neue Schlafzimmer und 2 Regale ins neue Spielzimmer. Wir sortierten stundenlang Spielzeug und die Kinder halfen fleissig mit. Sie waren glücklich und zufrieden. Sie hatten nun endlich Platz zum spielen und alles fand seinen Platz.

Alle Bücher und Malsachen wanderten in Schlafzimmer, und wir gestalteten es so, dass man sich dort gut aufhalten konnte, wenn man seine Ruhe haben möchte. Beide Kinder bekamen einen Platz zum Malen/Schreiben und eine Kuschelecke wurde geschaffen, um sich mit einem Buch zurückziehen zu können. Erinnerungsstücke an z.B. Urlaube wurden auf ein Regal sortiert und werden so nun besser wertgeschätzt als zwischen dem Spielzeug.

Das komplette Spielzeug wurde ins Spielzimmer geschafft, „Mein“- und „Dein“-Kisten zu „Unser“-Kisten zusammengeführt. Ich hätte mit mehr Widerstand gerechnet, aber beide Kinder bestätigten, dass nun z.B. das Lego „Unser Lego“ ist und das jeder damit spielen darf. Nur für 2 Modelle wurden Regeln aufgestellt, dass diese oben im Regal stehen müssen, damit sie für den Besuch des 4-Jährigen Tabu sind.

Seitdem spielen die Kinder täglich friedlich zusammen in ihrem neuen Spielzimmer. Ich muss mich an das „Wording“ noch gewöhnen, da ich oft noch von „KindXs“ Zimmer spreche. Die Kinder korrigieren mich aber sofort.

Die Umgestaltung ist nun schon 3 Wochen her und ich muss sagen, dass es echt super klappt. Es gibt weniger Streit, da sie meist gemeinsam spielen und es keine „Mein/Dein“-Streits mehr gibt. Es herrscht mehr Ordnung, da sie gemeinsam das Spielzimmer aufräumen müssen und im Schlafzimmer eigentlich nur auf den Schreibtischen Unordnung gemacht wird. Für mich persönlich kann ich die Unordnung im Spielzimmer besser wegblenden, da ich beim Zubettbringen, diese einfach nicht sehe und ich nachts auch nicht mehr auf Lego trete.
Die Kinder schlafen weiterhin sehr gut zusammen, am Wochenende stehen sie gemeinsam auf und wecken uns nicht mehr, da sie einfach anfangen zu spielen.

Ich bin echt happy mit wenig Aufwand ein friedlicheres Miteinander geschaffen zu haben und bin gespannt, wie lange dieses neue „Wir“ anhalten wird.

 

Ferienspiele

Die ersten 2 Wochen sind schon rum und sie vergingen wie im Flug. Dies liegt unter anderem daran, dass der Großes dieses Jahr die Ferienspiele bei St. Donatus besuchte, und deren Programm so voll und abwechslungsreich ist, dass keine Langeweile aufkommt.

Als ich vor ein Paar Monaten zur Anmeldung zu den Ferienspielen aufbrach, wusste ich noch nicht, was mich erwartet. Ich hatte zwar gehört, dass es gut sein soll, aber mehr auch nicht.

Die Anmeldung war an einem Montag um 18:30h. Naiv wie ich war, war ich gegen 18:10h mit beiden Jungs am angegebenen Ort und musste erstmal kurz schlucken. Da standen so ca 100-150 Eltern vor dem Eingang und warteten. Hui. Ich versuchte mich zu orientieren, suchte mir einen Anmeldezettel und versuchte diesen auszufüllen, während ich schaute, dass die Kinder nicht abhanden kommen.

Es wurde gesagt, dass aufgrund der vielen ehrenamtlichen Betreuer ca. 220 Kinder aufgenommen werden können. Es gab ein kleines Auswahlverfahren, d.h. erst die Kinder, die aktiv in Kirche/Pfadfinder/etc. sind, dann Brander Kinder, dann andere. Den Eltern wurde Mut gemacht, dass vermutlich für alle Kinder ein Platz da ist.

Die Türen gingen pünktlich auf und ab da hiess es dann, geduldig sein. Gegen 19:00h checkte ich auf dem Handy, ob der Mann evtl. schon zuhause war, sodass wenigstens die Kinder nicht mehr mit warten mussten. War er und er war im ersten Moment auch sehr irritiert wg. meiner Bitte, diese abzuholen. Als er dann ankam, war er genauso überrascht wie ich.

So gegen 20:00h war ich dann im Anmelderaum, bekam meine Nummer und bezahlte.

Vor ein paar Wochen kam dann eine Info, in welche Gruppe der Große kommt, und an welchen Tagen voraussichtlich von den normalen Betreuungszeiten 9:30h-16:30h abweichende Aktivitäten geplant sind. Wenn man fixe Betreuungszeiten für das Kind braucht, sind dieses Ferienspiele nichts, denn hier ist Flexibilität angesagt. Es gibt Tage mit Betreuung nur bis mittags, oder andere erst ab abends, also tagsüber garnicht. Das sollte einem bewusst sein, wenn man sich für die Spiele entscheidet.

Der erste Ferientag begann dann erst um 10Uhr und Betreuer und Thema wurden vorgestellt. Dann ging es wohl in die Gruppenräume wo die Kinder sich erstmal kennen lernten und gemeinsam Kappen bemalten, sodass die Betreuer auch schnell die Namen lernen konnten.

Als ich mein Kind gegen 16:30 abholte, war er glücklich, drückte mir den Zettel für den nächsten Tag in die Hand und erzählte vom Tag.

Jeden Tag gab es also einen Zettel für den nächsten Tag, wo drauf stand, was mitgebracht werden soll und wann der kommende Tag anfängt und beendet wird.

Der nächste Tag war Schwimmtag, sie fuhren gemeinsam mit dem Bus nach Stolberg ins Schwimmbad. Es folgte in der Woche ein Ausflug ins Bubenheimer Spieleland, einer zum Chio und dann war auch schon gemeinsames Zelten angesagt. Dafür begannen die Spiele erst um 17:00h und die Eltern bekamen auf dem Zettel mitgeteilt, was sie zu essen beisteuern sollten. Fleisch und Getränke wurden von St. Donatus organisiert.

in der 2. Woche war eine Fahrradtour geplant, die jedoch leider aufgrund des Wetters ins Wasser fiel. Es gab einen Kino-Abend, eine „Große Fahrt“ ins Irrland, einen Ausflug in die Stadt zum Dom und einen Ausflug in den Tierpark.

Den Abschluss bildete am Samstag ein Gottesdienst und eine Vorführung für die Eltern. Alle Gruppen hatten sich (wann auch immer bei dem vollen Programm) etwas überlegt und einstudiert. Manche tanzten, manche sangen.

Es war sehr schön zu sehen, wie viel Spass die Kinder in den 2 Wochen hatten und mit wie viel Spass sie auch zum Abschluss noch alle gemeinsam auf die Bühne traten.

Die 50 Betreuer, die bestimmt bis vor kurzen selbst noch an den Spielen teilgenommen hatten, verbreiteten eine super Stimmung. Es ist einfach toll, dass es so viele Menschen gibt, die ihre eigenen Ferien gerne damit verbringen, anderen schöne Ferien zu bereiten.

Für Anton steht fest, er will auch nächstes Jahr wieder zu den Ferienspielen bei St. Donatus.

 

 

Über Rollenklischees und Einhörner

In den letzten Wochen habe ich wieder jede Menge Rosa-Hellblau-Klischees gelesen oder gehört. Angefangen von Tweet, die davon erzählten, dass eine Mutter ihrem Baby-Sohn die Wimpern kürzen wolle, damit er nicht wie ein Mädchen aussähe bis hin zur Real-Life Dame auf dem Spielplatz, die die lackierten Fingernägel unseres Sohnes mit „Das verwächst sich wieder.“ kommentierte.

Doch heute las ich einen Blogpost eines Programmierers, der erklärte, warum seiner Meinung nach Frauen nicht programmieren sollten, bzw. dies auch nicht gut können. Im Prinzip lief es darauf hinaus, dass die Frau von Natur aus das schwächere Geschlecht sei und es beim Programmieren hauptsächlich um den Kampf gegen Maschine und schlechten Code anderer ginge. Davor müsse er Frauen schützen, damit diese nicht leiden und dies lieber Männern überlassen. Gentleman sein.

Puh, ich schluckte kurz. Und dann wurde mir wieder bewusst, wie wichtig es ist, meinen Kindern bei zu bringen, dass „Du Mädchen“ keine Beschimpfung ist. Dass jeder das sein und werden kann, was er möchte. Dass es kein typisch Mädchen, typisch Junge gibt.

Ich betrachtete meine Jungs, die mit Ihren lackierten Fingernägeln und den gerade beim Zahnarzt als Belohnung ausgesuchten Ringen neben mir saßen und dachte: „alles richtig gemacht“. Ich weiss, dass sie dadurch oft anecken, sich dumme Sprüche anhören müssen, da immer noch viele Kinder so erzogen werden, wie der oben erwähnte Programmierer.

Es gefällt ihnen, sie mögen gerne Glitzer, Ringe, Ketten, Nagellack, Kleider. Warum sollte ihnen das vorenthalten werden? Es macht sie nicht weniger zum Jungen und auch nicht mehr zum Mädchen. Maximal zu besseren Menschen, da sie nicht ein Geschlecht über das andere stellen.

Wenn Ihr also demnächst einen kleinen Jungen mit Eisprinzessin-Haarreif, Batman-T-Shirt, Piraten-Hose, lila Fussnägeln und rosa Glitzer-Einhorn unterm Arm seht… ist vermutlich meiner. Und ich bin stolz, dass er sich gegen die blöden Sprüche behauptet und einfach das macht, was ihm gefällt.

Die tollen Tage

Heute ist Aschermittwoch und Karneval ist nun vorbei. Dieses Jahr waren die Jungs sich relativ früh sicher, was sie denn an Karneval werden wollen und haben sogar an allen Tagen das gleiche Kostüm getragen! Premiere.

Der Große ist immer noch im Ninjago-Fieber und so kam es, dass er natürlich auch an Karneval als Ninja gehen wollte. Aber nicht irgendein Ninja. Nein! Es musste „Lloyd“, der grüne Ninja sein. Das bedeutete natürlich, dass ich das Kostüm selbst nähen musste, denn so, wie er sich das vorstellte, gibt es da nix zu kaufen. Und ich näh es ja auch gerne.

Also suchten wir gemeinsam eine der vielen Anzüge aus, den ich nachnähen sollte. Diese Ninjas haben ganz schön viele Outfits!

Der Kleine wollte, seitdem wir in Trolls im Kino waren, „Branch“ werden. Der grummelige Troll, der später erst seine Farbe bekommt. Auch hier gab’s nix Fertiges.

Also gingen wir schon im Januar alle zusammen zum Karnevalsladen, um Stoff und Accessoires zu shoppen. Vor allem die Troll-Perrücke machte mir Sorgen. Stoff ging schnell, Nunchucks gabs natürlich nicht, das einzig Ninja-taugliche war ein Schwert. Also nahmen wir dies mit. Bei den Perücken überzeugte mich nichts, da beim Hochkämmen immer Netz zu sehen war. Also durchforstete ich noch das Internet und bestellt eine ziemlich günstige blaue Party-Perrücke mit hochstehenden Haaren.

Beide Kinder wollten beim erstellen der Kostüme helfen und so zeichnete der Große die Schriftzeichen in der richtigen Größe auf Papier und der Kleine schnitt mit einer Zackenschere Stofffetzen für seine Hose aus.

Gemeinsam bügelten wir die Goldfolie auf den Stoff und die Jungs entfernten die Trägerfolie.

Beim Ninja-Kostüm wollte ich es mir einfach machen und mit meinem Bandeinfasser auf der Coverlock silbernes Lycra als Schrägband an die Jacke nähen, hatte aber diesen klebrigen Stoff unterschätzt. Das wäre mit der normalen Nähmaschine wohl hübscher geworden. Aber es ist ja nur ein Karnevalskostüm, daher hab ich das Gewurschtel so gelassen.

Die Ninja-Maske ersetzen wir durch ein Stirnband, da der Stoff nicht weich genug für eine Maske fiel.

Da der Kleine seine Jacke sowohl drinnen als auch draussen tragen wollte und diese unbedingt über den Bauch gehen sollte, nähte ich nur auf die Vorderseite Blätter an, damit sie insgesamt nicht zu warm wurde. Doppellagiger Double-Fleece wäre sonst zu dick. Er reichte mir beim Nähen jedes Blatt an und war auch sonst ganz Feuer und Flamme.

Weiberfastnacht waren beide Kinder noch vor dem Wecker wach vor Aufregung und zogen schnell ihre Kostüme an. Der Große freute sich auf jede Menge Süßigkeiten in der Schule und der Kleine auf die Party im Kindergarten. Dort lief schon eine Polonaise durch das ganze Gebäude und er zog nur schnell seine Hausschuhe an und reihte sich ein. Ich wurde noch nicht mal mehr verabschiedet.

Nachmittags feierten die Kinder noch eine „Dunkel-Party“ mit jede Menge Knicklichtern und Musik, während die Muttis dieses Jahr aufgrund von 2 Stillkindern ruhig bei uns zuhause ein wenig klönten, anstatt tanzen zu gehen.


Freitags war karnevalsfrei und wir nutzen den Tag um das erste Eis des Jahres in Brand zu essen und uns neue Bücher auszuleihen.

Samstag fuhren wir wie jedes Jahr nach Winden zum Karnevalszug, bei dem die Kamelle-Ausbeute immer riesig ist. Die Kinder trugen wieder ihre Kostüme, die Perücke musste noch einmal mit Haarspray ein wenig stabilisiert werden. Da Beide wieder sehr aufgeregt waren, ging es schon früh los, um vor Ort vorher noch eine Erbsensuppe zu essen und bei Oma zu entspannen. Die Sonne schien und wir suchten uns kurz vor Zugbeginn ein schönes Plätzchen relativ nah am Start. Die Jungs schrieen um die Wette „Kamelle“ und „Alaaf“, wobei der Kleine in solch einer Lautstärke brüllte, dass alle vermuteten, dass er spätestens am nächsten Tag keine Stimme mehr haben werde.

Aber weit gefehlt, auch am Sonntag war die Stimme noch da. Im diesjährigen Brander Zug ging auch die Schule des Großen mit. Er wollte es auch einmal ausprobieren und so meldeten wir ihn dort an. Da er sich aber zwischenzeitlich den Zeh brach, beschlossen wir, dass er nur den halben Zug mitgeht. Er freute sich dann auch sehr darauf, denn das bedeutete, dass er alle Gruppen, die nach seiner kommen, auch noch sehen konnte.
Auch hier brüllte sich der kleine Troll wieder die Seele aus dem Leib und so konnten noch mehr Süßigkeiten gesammelt werden. Ich vermute, wir haben für das ganze Jahr genug Gummibärchen und Kaubonbons. Die Oma kam extra zu Besuch, um den Großen im Zug zu bewundern. Die Gruppe war riesig (183 Personen) und wir suchten ihn lange unter all den goldenen Kindern, da er ziemlich am Schluss lief. Als er uns sah, stürmte er erstmal freudig auf seinen Bruder zu und packte ihm was in die Tüte. Dann stellte er sich zu uns und konnte noch fast den ganzen Zug schauen, da seine Gruppe eine der Ersten war.

Rosenmontag beschlossen dann alle, dass es genug Karneval sei und wir sparten uns weitere Züge. Karneval ist schön, das Verkleiden macht Spaß, aber irgendwann hat jeder genug Humpa, Johnny Däpp, Berliner und Muzen. Dann tut ein Jahr Pause ganz gut.

Die Kostümpläne fürs nächste Jahr wurden noch geschmiedet. SuperMario und Yoshi. Mal sehen, ob das Ende des Jahres immer so sein soll.

Freie Zeit in der Freizeit

Der letzte Post von mir (Michael) auf unserem Familienblog liegt nun schon eine ganze Weile zurück und es hat verschiedene Gründe.

Wir hatten ein sehr stressiges, erstes Schuljahr. Unser älterer Sohn wurde aus guten Gründen frühzeitig eingeschult und hat das ganze Jahr fachlich sehr gut gemeistert. Vieles andere lief aus vielen Gründen chaotisch bis schlecht ab. Ohne jemandem eine Schuld zuweisen zu wollen: In einer mehr und mehr individuellen Gesellschaft ist es 2016 immer noch schwierig oder schwieriger denn je, auf individuelle Bedürfnisse eines jungen Menschen Rücksicht zu nehmen und ihn als eigene Person wahrzunehmen anstatt ihn in der einen oder anderen Weise zu pathologisieren.

Mit Beginn des zweiten Schuljahres hat sich viel geändert und bereits nach 2 Monaten ist mir eine große Last, die mich das vergangene Jahr gequält hat, von den Schultern gefallen. Nicht, dass meine Sorgen ganz verschwunden sind, aber es geht erheblich besser.

Der Gedanke, diese Gedanken regelmässig öffentlich aufzuschreiben ist mir tatsächlich nie gekommen. Zum Glück sind wir nicht darauf angewiesen, unser Familienblog und damit auch das Familienleben zu monetarisieren, aber es erschreckt mich sehr, in welchem Maße das mittlerweile durchgeführt wird. Ich gönne jeder Familie den Gewinn, möchte aber selber den Preis dafür nicht bezahlen.

Leistungsgesellschaft gibt es auch in den Ferien.

Einige Male hat meine Frau ja auch schon von schönen Urlauben hier berichtet. Gerade sind in NRW die Herbstferien vorbei, wir alle hatten eine Woche Urlaub und wir haben… „Nichts“ gemacht. Ganz bewusst die Woche ins blaue gestartet. Wir hatten ein paar Ideen, was wir machen wollten, aber keine wirkliche Planung.

Schlussendlich haben wir es dann geschafft, einen Tag mit dem Zug nach Köln zu fahren, den Dom zu besichten und das „Maus Musseum“ zu besuchen und an einem anderen Tag endlich einmal unsere Phantasialand Gutscheine einzulösen.

Darüber hinaus waren wir Spazieren, haben Kekse gebacken, gelesen, gegammelt… Nichts gemacht. Entschleunigt.

Während wir oft von Bekannten oder Freunden hören, dass ihre Kinder eine durchgehende „Bespaßung“ auch in den Ferien einfordern, erleben wir, dass unsere Kinder sehr positiv auf „Langeweile“ reagieren. Sie beschäftigen sich auf vielfältige Weise, mit Spielzeug, Medien und sich selber.

Ich bin froh, dass wir diesen Herbst unsere freie Zeit zu Hause verbracht haben. Es reicht mir vollkommen, wenn sich beide Eltern teilweise verausgaben. Sei es, weil es die Terminplanung mit Arbeit, Schule und Kindergarten nicht anders hergibt oder weil man es selber nie anders gelernt hat.

Für mehr freie Zeit in der Freizeit.

Die letzte Hebamme

„Wir verschwinden doch nicht! Es hat nie eine Zeit ohne Einhörner gegeben, wir leben für immer, wir sind so alt wie der Himmel, so alt wie der Mond!… Schmetterling, auf all Deinen Reisen, hast Du da noch andere wie mich gesehen?…“

„Sie verschwanden von allen Strassen, vor langer Zeit….“

Letztes Wochenende schaute ich zusammen mit dem Großen nach für mich langer Zeit nochmal „Das letzte Einhorn“. Ein wunderschöner Film, den ich als Kind sehr liebte und immer noch gerne anschaue.

Ich weiss nicht warum, aber ich musste beim Anschauen die ganze Zeit an die gerade verschwindenden Hebammen denken. Es macht mich traurig zu lesen, wie immer mehr Hebammen sich ein anders Tätigkeitsfeld suchen, da sie sich ihre Arbeit nicht mehr leisten können. Schwangere berichten mir, wie schwierig es ist, eine reine Nachsorgehebamme zu finden.

Ich kann es mir gar nicht vorstellen, dass es irgendwann keine Hebammen mehr geben wird. Für mich waren sie bei beiden Geburten die wichtigsten Personen. Ich wusste, ich habe eine Hebamme, die ist da, wenn es losgeht. Eine, die ich kenne und mag und der ich vertraue. Sie war die Person, die die Situationen richtig einschätzen und die richtigen Entscheidungen treffen konnte. Das konnte weder ich, noch mein Mann. Auch beim 2. Kind nicht. Wäre meine Hebamme nicht bei mir gewesen, wäre ich früher ins Krankenhaus gefahren. Ich hätte nicht gewusst, wann ich pressen muss/kann/darf.

Nach der ersten Geburt war ich so froh, dass ich -durch Hebammen gestärkt- ohne Angst in die zweite Geburt gehen konnte. Ohne Hebammenvorsorge und Gespräche mit weiteren Hebammen wäre ich davon ausgegangen, dass ich wieder das gleiche durchmachen müsste. Dass ich die Schmerzen nicht aushalten könne und hätte mich vermutlich direkt für eine PDA entschieden. Meine Hebamme hat sich in den Vorsorgegesprächen alle Sorgen angehört, den Geburtsbericht der ersten Geburt durchgearbeitet, um meine Gedankengänge nachvollziehen zu können. Sie hat nach meinen Wünschen gefragt, was ich von ihr erwarte und ihr ganzes Verhalten, ihre Ratschläge usw. auf mich angepasst. Dies alles hat mir Sicherheit gegeben und Angst genommen. Kein Vorsorgegespräch beim Arzt könnte dies leisten.

Jemand, der noch nie von einer guten Hebamme betreut wurde, wird vermutlich noch nicht mal bemerken, was fehlt. So viele Schwangerschaften macht man in der Regel ja nicht durch, dass man großartig vergleichen kann. Ich kenne Frauen, die keine einzige Vorsorge bei einer Hebamme ich Anspruch genommen haben. Oder Frauen, die unter der Geburt die Krankenhaushebamme als störend empfunden haben. Oder auch Frauen, die die Nachsorgehebamme beim 2. Kind unnötig fanden. Jede Frau ist anders und möchte ihre Schwangerschaft und Geburt anders betreut haben. Die Frauen, die jedoch so wenig medizinische Intervention wie nötig aber trotzdem eine fachlich kompetente Betreuung möchten, bleiben bei den aktuellen Entwicklungen auf der Strecke. Das ist ein Skandal!

Ich hoffe, dass sich in den nächsten Monaten an der Situation noch etwas ändert. Sie dürfen nicht verschwinden! Es hat noch nie eine Zeit ohne Hebammen gegeben.

Verborgene Kinder

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Als ich noch keine Kinder hatte, kam ich nur sehr oberflächlich mit dem Thema künstliche Befruchtung, Fehlgeburt oder auch Totgeburt in Kontakt. Mir war bewusst, dass es das gibt, aber ich kannte niemanden, der betroffen war, oder niemand redete darüber.

In der ersten Schwangerschaft traf ich dann die ersten Frauen, die nur durch künstliche Befruchtung schwanger geworden waren. Doch das Glück über die Schwangerschaft ließ ihre Erzählungen sehr technisch wirken. Auf mich wirkte es wenig tragisch, wenn’s mal nicht natürlich klappt. Man kann ja nachhelfen.

Dann traf ich Frauen, die mir, ganz im Nebensatz von ihren Fehlgeburten erzählten und auch das machte auf mich wieder den Eindruck, als gehöre es einfach dazu, dass man auch mal eine Fehlgeburt erleidet. Wenn mir jemand davon erzählte wirkte er nie so, als wäre es schlimm für ihn gewesen.
Als ich das 2. Mal schwanger war, erzählte mir eine Freundin erst viel später, dass sie zu dem Zeitpunkt, als ich ihr von meiner Schwangerschaft erzählte, sie gerade eine Fehlgeburt gehabt hatte. Ich hatte ihr in dem Moment nichts angemerkt und auch diese Aussage, machte mein Bild von einer Fehlgeburt nicht tragischer. Ich war ein wenig traurig, dass wir nicht fast gleichzeitig noch mal Babys bekommen würden. Da sie aber erneut schwanger war freute ich mich mit ihr über die aktuelle Schwangerschaft.

Dann lernten wir Menschen kennen, die so ganz anders mit dem Thema umgehen und die meine Sicht so sehr verändert haben, dass ich voller Trauer für die verlorenen Kinder der Menschen bin, die mir etwas bedeuten.
Im letzten Sommer, schon bei unseren ersten Treffen, erzählten sie ganz offen von einer Fehlgeburt bei ihrer ersten und letzten spontanen Schwangerschaft, von künstlicher Befruchtung und wie schrecklich es ist, sich einer solchen zu unterziehen. Dass man durch die Hormonbehandlungen starke Wesensveränderungen durchleiden kann. Dass es einen zerreisst, vor dem Telefon zu sitzen und auf das Ergebnis des Arztes zu warten. Dass die Enttäuschung bei einem missglückten Versuch unendlich groß ist.
Damals wusste ich gar nicht, was ich sagen sollte. Ich war es nicht gewohnt, dass jemand so offen über die Gefühle zu dem Thema sprach.
Sie sprachen dann auch voller Glück über die Geburt ihrer 2. Tochter nach vielen Jahren hoffen und dass sie noch drei Versuche haben für ein Geschwisterchen.
Eine Eizelle überlebte das Auftauen nicht und der vorletzte Versuch war leider erfolglos, aber ihr Optimismus ließ sie sich am letzten Versuch über Wasser halten. Vor diesem waren sie sehr aufgeregt. Ich drückte ihnen fest die Daumen, die sie sind wirklich tolle Eltern und jedes Kind wäre glücklich bei ihnen.
Der Versuch glückte und mir hat noch nie jemand so früh von seiner Schwangerschaft erzählt. Ich freute mich so. Alles sah gut aus und im 3. Monat trafen wir uns und sie sagte, dass sie froh ist, wenn die nächste Woche mit Ultraschall vorbei ist, denn ab dann wird alles gut. Doch leider wurde es nicht gut, denn die Ärztin stellte einen Herzfehler fest, der vermutlich auf eine Trisomie zurückzuführen war. Sie hofften weiter, dass es sich nur um eine Trisomie 21 handele. Sie wollten dieses Kind so sehr. Doch auch dieses kleine Herz hörte einige Wochen später auf zu schlagen.
Wie sie danach damit umgingen, treibt mir immer noch Tränen in die Augen. So viel Trauer und so viel Stärke zugleich. Bis zur Geburt wurden sie von einem Arzt betreut. Das kleine Mädchen wurde still mit Hilfe einer Hebamme geboren. Zuhause im Kreis der Familie. Sie verbrachte dort einige Tage in einem kleinen Körbchen, bis sie auf einem Sternenkinder-Friedhof beerdigt wurde. Anschließend wurde ein Trauergottesdienst gehalten, der mich sehr berührte. Dort durfte jeder auch für andere verlorene Kinder trauern. Ihnen einen Namen geben, falls sie noch keinen bekommen hatten. Es waren so viele. All die Kinder, die man sich erseht und gewünscht hatte. Und all die Kinder, die verloren aber nicht vergessen sind.

Ich weiß, sie trauern immer noch. Und ich trauere im Stillen mit ihnen.

Ich danke den Beiden, dass ich diesen Text veröffentlichen darf, denn ich denke, dass Trauer wichtig ist und auch gezeigt werden darf.

Der Erfolg anderer

Skeletor is love

„I rejoice in the success of others, knowing there is plenty for all of us.“

Das Bild stammt aus der Facebook Gruppe „Skeletor is Love“ (von der es auch ein Tumbler gibt).  Ich fand die Aussage so schön, dass ich sie gerne hier auch zitieren möchte. Eines der Dinge, die mich recht glücklich macht ist, dass ich versuche, neidfrei durchs Leben zu gehen. Mir geht es nicht besser, wenn es anderen schlechter geht, im Gegenteil.

Ich denke, es würde der Gesellschaft besser gehen, wenn man nicht nur Sportlern und Stars ihren Erfolg gönnt, sondern auch den ganz normalen Mitmenschen. Oft ist es nämlich einfach auch mal schön, sich mit anderen über ihren Erfolg, ihr Leben zu freuen.